Der Jahresausflug der Offiziersgesellschaft der Stadt Bern befasst sich stets mit Geschichte. So machten sich Mitglieder und Angehörige Anfang Juni 2023 bequem im Car sitzend und gut gelaunt bei schönem Wetter auf den Weg von Bern ins Zugerland, auf den Gubel bei Menzingen zur Bloodhound Lenkwaffenstellung.

Das Fliegerabwehr Lenkwaffensystem Bloodhound Mk II war in der Armee von 1964 – 1999 operationell in Betrieb. In Menzingen befindet sich die heute weltweit einzige verbliebene Lenkwaffenstellung dieses Typs. Was einst streng GEHEIM war, ist jetzt als Museum der Öffentlichkeit zugänglich. Der weitläufige Waffenplatz wird noch als Übungsgelände für militärische Ausbildung genutzt. Die Herren Rolf Meier und Thomas Koller begrüssten die Delegation der OGB und wir traten in den kleinen Ausstellungsraum ein. Wie überall in solchen Museen wird alles ehrenamtlich liebevoll gestaltet, mit Herzblut gepflegt und erweitert, mit Technik ergänzt.

Rückblick

Die beiden Museumsführer kennen das System in- und auswendig, waren sie doch in ihrer Militärdienstzeit als Offiziere dort eingeteilt. Bald tauchten wir in einer kurzen Filmpräsentation geschichtlich in die Vergangenheit ein. Die Schlacht am Gubel fand 1531 statt im Rahmen der Reformationskriege, der Kappeler Kriege. Der Referent hält einen Rückblick auf den Kalten Krieg wo einiges in die Schweizer Armee investiert worden ist in neue Waffensysteme, auch für die Fliegerabwehr. Die Stellungen Bloodhound Mk II auf dem Gubel gehörten zum Flab Lwf Rgt 7 (Fliegerabwehr Luftwaffen Regiment 7).

Das Lenkwaffensystem wurde in England entwickelt und produziert. Insgesamt gab es in der Schweiz sechs solcher Lenkwaffenstellungen. Auf dem Gubel war sie 1968 in operationeller Bereitschaft. Es war eine abgelegene, kleine, autonome Kaserne. 1999 wurde die letzte Feuereinheit ausser Dienst gestellt. 2002 wurde von Idealisten der Militärhistorischen Stiftung Kanton Zug mit grossen Sachkenntnissen das Museum eröffnet.

Bloodhound Mk II war ein Luftkriegsmittel im Kampf der verbundenen Waffen. Damit konnten die Bevölkerungs- und Industrie-Zentren des ganzen Mittellandes bis zur Landesgrenze im Vorgelände des Réduit abgedeckt werden. Wie enorm rasch sich die Technik verändert hat, zeigen die ausgestellten Geräte und die Bildschirme der Feuerleittechnik. Man musste dieses System ausbilden und immer wieder schulen und üben. Dies war nur mit Simulatoren möglich. Das Team muss absolut zusammen passen. Da geht es um Sekunden um zu reagieren. Die beiden Führer zeigen uns nun, wie dies funktionierte unter Einbezug des Radars und der Einsatzstelle.

Da möchte man nicht Gegner gewesen sein. Die beiden treffen heute noch. Ein alter Aufnähbadge des Schweizerischen Militär-Sanitäts-Verbandes von 1964 zeigt zwei Speerspitzen die neben den Flaggen Schweizer Kreuz und Rotes Kreuz in den Himmel ragen. Dieselben Spitzen stachen an der Expo 64 in den Himmel, als noch Begriffe wie «Wehrhafte Schweiz» thematisiert werden durften. In nachfolgenden Jahren hat vermutlich kaum jemand darin die Lenkwaffen BL-64 erkannt und heute weiss das fast niemand mehr. Aber der Igel war bereit, er hätte nötigenfalls die Stacheln aufgestellt. Zum Glück musste keine einzige Lenkwaffe in Echtzeit abgefeuert werden. Dafür sind wir dankbar.

Gegenwart

Draussen im Gelände besichtigten wir die Kavernen, tiefe Garagen, in welchen die zusätzlichen Lenkwaffen bereitgestellt waren. In kurzer Zeit hätte nachgeladen werden können. Bei der Stellung selbst staunten alle Besucher, wie riesig dieses System ist. Bedrohlich stehen sie da, alle vier Werfer mit einer Lenkwaffe bestückt. Im Hintergrund steht der grosse Radar in dessen Unterbau wir eintreten durften. Auch hier ist noch die Originaltechnik vorhanden. Ganze Räume mit Computern alter Bauweise. Heute hätte das alles in einem iPhone Platz. Wir konnten alles genau anschauen und Fragen stellen. Gleich neben dem Radar befindet sich in den Boden hinein gebaut die Kontrollstelle der Lenkwaffenstellung. Anheimelnd das Übliche, wie es in jedem KP hängt, dazu das Pult mit den Telefonen. PTT-Telefone mit Hörer, wie ganz junge Museumsbesucher es noch nie gesehen haben. In Atomsicheren Nebenräumen wiederum viele Elektroschränke für die damalige Computertechnik. Alles ist sehr eng, das brauchte Geduld und Toleranz mit den Kameraden. Für Individualität war da kein Platz. Wichtig war auch die Stromversorgung mit eigenen Diesel-Maschinen, wie in einer Festung.

Die Gruppe war tief beeindruckt und Angehörige anderer Waffengattungen hatten viele Fragen zu technischen und taktischen Details. Zu Fuss ging es wieder zur Kaserne hinunter wo im Speisesaal ein köstliches Mittagessen auf Hungrige wartete. Auch Durst konnte erfolgreich bekämpft werden und dem warmen Sommertag angemessen gab es ein grosses Salatbuffet. Es entstanden gute Gespräche zwischen bekannten Mitgliedern und neuen Kameraden. Über etliche Anekdoten wurde gelacht.

Zukunft

Am Nachmittag ging es pünktlich mit dem Referat von Oberst i Gst Manuel Meister weiter. Auch er blendete kurz in die Vergangenheit zurück zu Fliegerabwehrkanonen. Er zeichnet den Werdegang zur heutigen Bodengestützen Lufterteidigung (BODLUV) nach bis zu Air2030. Künftig müssen auch Drohnen und ballistische Raketen abgewehrt werden können. Die Schweiz beschafft das amerikanische mobile PATRIOT System von Raytheon. Die Schweiz ist bereits die 18. Nutzernation, sie hat vier Feuereinheiten beschafft. PATRIOT ist ein Teil der integrierten Luftverteidigung. Die Stellung wird aufgebaut mit der Feuerleitstelle, Stromversorgung, Übermittlung und Werfer. Dazu gehört ein Werkstattwagen um im Gelände unabhängig zu sein und eine Sicherungskompanie. Die Systemkomponenten werden auf Anhängern als Ausnahmetransport verschoben. Die Ausbildung erfolgt mit modernen Simulationsmitteln. Pro Jahr wird für das System PATRIOT ungefähr eine Kompanie ausgebildet. Die operationelle Übernahme soll 2027–2028 stattfinden, danach beginnt die Einführung bei der Truppe. Eine erste Einsatzbereitschaft soll 2029 erreicht werden. Ein grosses Vorhaben, das die künftigen Anforderungen an die BODLUV aufzeigt. Die Illustrationen zum Referat zeigten viele Details auf und informieren umfassend.

Major Michael Schifferli dankte allen herzlich, die zu einem super Tag beigetragen haben. Die Anwesenden haben diese spannende «militärische Schulreise» sehr genossen. Langsam sind die Köpfe gefüllt mit alten und neuen Informationen aus erster Hand. Die Gespräche auf der Rückfahrt drehen sich noch darum, verstummen dann langsam. Ein langer aber schöner Tag in bester Kameradschaft geht zu Ende und wir haben viel gesehen, gehört und erlebt. Im Bus wäre noch für einige Teilnehmer mehr Platz gewesen!

Four a D Ursula Bonetti
Chefredaktorin OGB

 

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